Warum

Abgesehen vom eher offensichtlichen Dasein mit Bands auf Club- und Festivalbühnen haben fast alle von uns auch jahrelange Erfahrungen mit dem „Schatten-Dasein“ der Bühnenmusik. Wir sind die Leute, die in Theatern, Operetten und Opernhäusern an der Seitenbühne oder im Orchestergraben sitzen und stets mit ihrem Ego weit hinter die der Schauspieler:innen und Sänger:innen rücken. Wir stellen unsere instrumentalistischen Fähigkeiten den Erfordernissen der Partituren zur Verfügung und treten mit unseren Leidenschaften hinter den Stück- oder Lied-Text, um als Puzzleteil ein Gesamtkunstwerk zu ermöglichen.

Aber gerade weil wir es so verinnerlicht haben, oft nicht im Rampenlicht, sondern im Dienst der Künste zu stehen, sehen wir die benachbarten Gewerke und deren Leute öfter und deutlicher: von Ton, Licht, Bühne, Garderobe, Inspizienz bis zur Pforte, Technik, Gastro … sie alle sind uns nicht fremd und gehen uns noch etwas an. Und dort liegt der Grund für unsere Motivation, musikalisch-textliche Brücken für die noch erreichbaren Mitmenschen zu bauen. Mit den Leuten, die wir tatsächlich sehen und treffen, können wir auch reden, streiten, laut überlegen, lachen. Mit den anderen, jenen in Glasbeton-Chefetagen, auf Yachten, in Schlössern und wohlverborgenen Hinterzimmern, haben wir nichts zu schaffen – wir ertragen nur ihr falsches Lächeln bei großen Premieren, Galas und Empfängen, wo sie sich gnädigerweise der Hochkultur zugeneigt zeigen.

Ja, die hochsubventionierte Branche der Frack-Musik ist bequem, man hat dort Traditionen und Standards, Hierarchien und Etikette – wir könnten uns dort eingraben und für unersetzlich halten. Aber was momentan in diesem Land, in Europa und der Welt passiert, ist mit altem Denken und dem Festhalten an “das-war-schon-immer-so” nicht zu begreifen, nicht zu gestalten, nicht zu verändern. Auch und gerade die großen Bühnen des Landes müssen sich verändern, sich hinterfragen lassen und begründen, was sie derzeit für den gesamtgesellschaftlichen Diskurs wirklich beitragen. Die teils astronomischen Gagen von Dirigenten und Regisseur:innen bei gleichzeitiger prekärer Situation der “niederen Akteur:innen” und Gäste sind längst losgelöst von jeder intellektuellen oder künstlerischen Leistung, um nur einen Aspekt hier zu benennen. Die meisten großen Schauspielhäuser laufen wie eine irregewordene Premieren-Produktionsmaschine mit der Energie ihrer sich verheizenden Ensembles, auf Kosten derer sozialen Bindungen und Gesundheit. Und dabei wird sich vor allem szene-intern auf die Schultern geklopft, anstatt das Gebot der Stunde zu vernehmen und dort zu helfen, wo die freie Szene, die lokalen und regionalen Kulturschaffenden, die soziale Drecksarbeit für uns alle machen – und mit “Dreck” ist hierbei sicher nicht das Publikum, sondern die Härte jener Arbeitswelt gemeint!

Wohin?

Ab dem August 2024 sollte mindestens monatlich ein Lied veröffentlicht werden. Um als Antwort auf die giftige Ost-Vereinnahmungs-Atmosphäre der AfD erkennbar zu sein, hieß unser erster Song „Unser LIED zuerst“. Im September hatten wir den 2. Song „Schnauze voll“ fertig, danach wurden noch 2 Songs begonnen, die jetzt auf das Mixing und die Veröffentlichung warten. Im Zuge der überraschenden Regierungsauflösung im November und der massiven Kulturetat-Kürzungen in Bund, Ländern und Gemeinden war eine institutionelle Förderung des Orchestergeschehens aber nicht machbar und ist kaum mehr in Aussicht. Das Geld ist ersteinmal alle, über 30.000€ sind in unsere ersten Versuche dieser Arbeitsform geflossen – und ab Januar 2025 werden wir weitermachen, wenn wir Unterstützer:innen finden und mediale Zugpferde. Wir sind ein großes, buntes Werkzeug!

Die Texte werden auch künftig hauptsächlich aus drei Zeitebenen stammen und als solche klar erkennbar sein: Texte aus der 1920er-Jahren (z.B. Kästner und Tucholsky), Texte aus den Wendejahren (aus Ost und West) und selbstverständlich aktuelle, neue Texte aus unserem eigenen Kreis.

Es sollen keine Tracks im Rechner erzeugt werden (außer für erste Skizzen), denn unser Ziel ist Begegnung, Austausch, Bereicherung, Kritik und gedankliche Vielfalt von Kolleg:innen unserer handwerklichen Zunft. Dahinter soll keine Plattenfirma, kein Intendant, keine Partei und keine Gewerkschaft stehen – wir bleiben kunstfreiheitlich!

Um den Anfang zu machen, haben wir in uns schon bekannte Studios in Erfurt, Leipzig oder Dresden gebucht und probiert. Langfristig aber ist ein Raumkomplex mit Studio / Büro / Proberaum / Aufenthaltsraum / Lager / Küche / Übernachtungsmöglichkeiten sinnvoll, um ein uns allen vertrautes „Hauptquartier“ zur Verfügung zu haben und dort in kurzer Zeit maximal effektiv zu sein (z.B. in/um Chemnitz oder Leipzig).

Was fehlt?

Als erstes brauchen wir neben dem vollzähligen musikalischen Team noch ein ebenso starkes und zuverlässiges Produktionsteam (Marketing / soziale Netzwerke / Logistik / Abrechung).

Wenn die Arbeitsweise ausprobiert, optimiert und etabliert ist, kann es noch bunter, internationaler und mehrsprachig werden. Angedacht ist auch die Produktion einer Kindermusik-Platte mit mehrsprachiger Besetzung und Gästen aus der europäischen Jazz-Szene.